Der Bausachverständige 1/2016 | Pia Haun: Schimmelpilzschäden an Eichenholzfenstern | Seite 3
Der Bausachverständige 1/2016 | Pia Haun: Schimmelpilzschäden an Eichenholzfenstern | Seite 3

Fachbeiträge

Schimmelpilzschäden an Eichenholzfenstern

Pia Haun

 

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5 | Ortstermin

Abb. 5 | Fensterbeschlag mit Weißrost Abb. 5 | Fensterbeschlag mit Weißrost

5.1 | Eigene Feststellungen

Anlässlich des anberaumten Ortstermins waren der Inhaber des Fensterfachbetriebs, der Bauherr mit seinem Bauleiter, der Inhaber des Gutachterbüros mit einem Mitarbeiter sowie die Autorin anwesend. Zum Zeitpunkt der Begehung war das Gebäude, dessen Außenwände mit Hochlochziegelsteinen gemauert sind, unverputzt. Die Steinkammern sind mit künstlichen Mineralfasern gedämmt. Das Treppenhaus ist vom Keller bis ins Obergeschoss offen.

 

Auffallend ist, dass die punktförmigen Verfärbungen hauptsächlich an den Fenstern im Obergeschoss entstanden sind. Die stärksten Schäden befinden sich dabei am unteren Rahmenholz und zudem unterhalb der Fensterdichtung. Dort, wo sich konstruktionsbedingt infolge der aufliegenden Beschläge energetische Schwachpunkte befinden, zeichnet sich die Lage der Dichtungsgummis ab, insbesondere in den Eckbereichen.

 

Bei den Fenstern, die die stärksten Verfärbungen aufweisen, ist zudem ein augenscheinlicher Versatz zwischen dem Flügelquerholz und senkrechtem Flügelholz erkennbar. Die Fensterbeschläge im Obergeschoss sind durch Weißrost geschädigt.

 

Die horizontalen Verfärbungen an den Treppenhaus-Fensterelementen haben einen vollkommen regelmäßigen Abstand untereinander. An diesen Fenstern hat sich augenscheinlich die Gehrung an den Außenecken geöffnet.

 

Im Obergeschoss, in dem Raum mit den stärksten Verfärbungen an den Fenstern sowie im Treppenhaus, zeigen die an den Dachschrägen eingebauten OSB-Platten Bläue auf. Bei näherer Betrachtung ist an der Oberfläche ein heller Flaum makroskopisch erkennbar. Augenscheinlich sind Undichtigkeiten in der Dampfbremse vorhanden.

Abb. 6 | Hinweis zum Lüften und Abführen von Baufeuchte während der Bauphase Abb. 6 | Hinweis zum Lüften und Abführen von Baufeuchte während der Bauphase

Während des Ortstermins wurden die anwesenden Parteien eingehend durch die Sachverständige befragt. Dies war erforderlich, da das Gegengutachten neben fachlicher Unklarheiten zudem in französischer Sprache war. Sowohl der Fensterbauer als auch die Bauherrschaft gaben an, dass zum Zeitpunkt der Fenstermontage keine Wasserpfützen im Gebäude anstanden. Nach dem Einbau der Fenster wurden seinerzeit dem Bauleiter in Vertretung des Bauherren Produkthinweise des Fensterbauers übergeben. Zudem waren an allen Fenstern Hinweise angebracht, die darauf hinweisen, dass unzureichendes oder falsches Lüften und zu hohe Baufeuchte zu Schäden führen kann, für die keine Haftung übernommen wird.

 

Der Bauleiter gab an, bei der seinerzeit erfolgten gemeinsamen Abhnahme mit dem Fensterfachbetrieb nicht alle Fenster überprüft zu haben. Verfärbungen waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht entstanden. Er gab weiterhin an, anfangs die Fenster stets komplett geöffnet zu haben.

 

Im Laufe der Zeit stellte er auf Kipplüftung um. In der darauffolgenden Zeit wurden die Fenster jeden Tag morgens auf kipp gestellt und abends wieder verschlossen. Relativ früh ließ sich ein Fenster, das im späteren Verlauf am stärksten verfärbt war, kaum bzw. nur mit erheblicher Kraftanstrengung öffnen.

 

5.2 | Befragung der Anwesenden

Abb. 7 | Ausgleichsfeuchtemessung im Mauerwerk, relative Luftfeuchte von 98 % Abb. 7 | Ausgleichsfeuchtemessung im Mauerwerk, relative Luftfeuchte von 98 %

Im März 2015 wurden Verfärbungen an einigen Fenstern des Obergeschosses entdeckt. Auf Nachfrage der Autorin gab die Bauleitung an, das Raumklima bis zum Auftreten dieser Schäden nicht kontrolliert zu haben. Erst ab März 2015 bis Mai 2015 wurde ein Raumklimamessgerät im Obergeschoss aufgehängt, das jedoch nicht kalibriert ist. Während der gesamten Bauphase ab dem Einbau der Fenster fand weder eine technische Trocknung noch eine Beheizung des Gebäudes statt. Allerdings wurde den von Dezember 2014 bis März 2015 im Gebäude arbeitenden Elektrikern eine Gasheizung zur Verfügung gestellt, die jedoch nach Aussage des Bauleiters nur in geringem Umfang benutzt wurde. Dass der Bau trocken ist, zeigte sich laut des Bauleiters daran, dass der mittlerweile eingebaute Innenputz sehr schnell abgetrocknet ist.

 

Des Weiteren erbrachte die Befragung, dass dem angestellten Mitarbeiter des Sachverständigenbüros bei der Erstellung des Gutachtens keine Technischen Merk- und Produktblätter vorlagen.

 

Die in seinem Gutachten ermittelten Raumklimadaten der Einmalmessung wurden anlässlich des Ortstermins mit dem nicht kalibrierten Messgerät des Bauherrn abgelesen. Die vom Fensterhersteller im März 2015 ermittelten Holzfeuchtewerte wurden als Anknüpfungstatsache übernommen. Vor Ort führte der Gutachter orientierende Materialfeuchtemessungen mittels der kapazitiven Messmethode durch. Eine Aussage, welcher Holzfeuchte die in Digits angegebenen Werte entsprechen, konnte der Gutachter vor Ort nicht machen.

 

Der Inhaber des gegnerischen Gutachterbüros sowie dessen Mitarbeiter vertraten auf Nachfrage der Autorin die Ansicht, dass die Fassade ohne Außenputz bislang nicht schlagregendicht ist.

 

5.3 | Messstrategie

Abb. 8 | Beprobung der Oberfläche eines sichtbar verfärbten Fensterrahmens Abb. 8 | Beprobung der Oberfläche eines sichtbar verfärbten Fensterrahmens

Anlässlich des Ortstermins wurden keine Messungen des Raumklimas durchgeführt, da die Ergebnisse drei Monate nach dem Schadenseintritt keine Aussagekraft haben, zumal der Eingang des Gebäudes seit dem Rückbau der Baubehelfstür dauergelüftet wird. Auch eine erneute Messung der Holzfeuchte wurde nicht durchgeführt, sondern die zu Schadensbeginn durch den Fensterhersteller mit einem kalibrierten Messgerät ermittelten Werte als Anknüpfungstatsache verwendet.

 

Da es zu beweisen galt, dass Neubaufeuchte vorlag, auch noch Wochen nach dem ersten Auftreten der Verfärbungen, wurden in zwei Bereichen Ausgleichsfeuchtemessungen in den Außenwänden durchgeführt. Dabei sollten auf Wunsch des Bauherrn die Messungen im Erdgeschoss ausgeführt werden, da der im Obergeschoss neu eingebrachte Innenputz nicht beschädigt werden sollte. Zur Messung wurden zwei Löcher in die Kammern der Außenwand gebohrt, eine Messsonde eingeführt und das Bohrloch anschließend luftdicht verschlossen.

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